von: http://www.alumniportal-deutschland.org/deutschland/kultur/artikel/kinderbuecher-zensur.html
Darf man alte Kinderbücher sprachlich überarbeiten oder ist das Zensur?

Pippi
Langstrumpf“, „Räuber Hotzenplotz“, „Emil und die Detektive“: Viele
Kinderbücher sind in Deutschland seit mehreren Generationen die
Lieblingsbücher junger Leser. Doch der Wandel der Zeit und der Sprache
bringt Probleme mit sich: Einige Wörter, die ganz normal waren, als ein
Autor seine Bücher schrieb, haben heute einen anderen Sinn oder werden
als diskriminierend angesehen.
Zu den Wörtern, die in Kinderbüchern kritisiert und deshalb
gestrichen werden sollen, gehört vor allem die Bezeichnung „Neger“ für
dunkelhäutige Menschen. Ursprünglich bedeutete „Neger“ nichts anderes
als „schwarz“ (von lateinisch „niger“, spanisch „negro“, französisch
„nègre“), doch in den vergangenen Jahrzehnten ist das Wort zu einem
politisch unkorrekten Wort geworden.
So liest heute niemand mehr das berühmte Kinderbuch „Pippi Langstrumpf“ der schwedischen Autorin Astrid Lindgren, ohne zu stocken,
wenn Pippi von ihrem Vater, dem „Negerkönig“, erzählt. Deshalb nennt
Pippi in einer neueren Ausgabe des Buches ihren Vater nun „Südseekönig“.
Und auch in dem beliebten Kinderbuch „Die kleine Hexe“ des kürzlich
verstorbenen deutschen Autors Otfried Preußler soll etwas geändert
werden: Dort verkleiden sich Kinder künftig nicht mehr als „Negerlein“,
sondern als „Schornsteinfegerlein“.
Über das Thema Zensur in Kinderbüchern ist in Deutschland eine heftige Diskussion entbrannt. Schon seit längerem ist es normal, eine beliebte Süßigkeit mit Schokolade nicht mehr „Negerkuss“, sondern „Schokokuss“ zu nennen. Das wird auch nicht infrage gestellt.
Doch das Ändern von Büchern empfinden viele Menschen als problematisch,
weil das als eine Form von Zensur angesehen wird. „Gelangt mit dieser
Zensur die Literatur an ihr Ende?“, fragt sogar die Berliner Zeitung Der Tagesspiegel.
Diskussion um Zensur in Kinderbüchern: Beleidigung oder Sprachwandel?
Die Befürworter der sprachlichen Änderungen sagen:
Die alten Begriffe sind beleidigend und deshalb muss man sie ändern.
Die Kinderbücher nehmen dadurch keinen Schaden. Das hat nichts mit
Zensur, sondern nur mit Rücksichtnahme zu tun. Die Gegner sagen: Sprache
verändert sich. Doch allein durch die Wörter werden Kinder nicht
rassistisch. Vielmehr können diese Begriffe für die Eltern ein Anlass
sein, um mit ihren Kindern über die Problematik zu reden. Man kann ja
auch nicht alle Bücher und die Geschichte ändern – und wo hört die
Zensur dann auf? Außerdem gilt in Deutschland das Urheberrecht zum Schutz des geistigen Eigentums.
Auch die Autoren der Kinderbücher sind unterschiedlicher Meinung:
Während Otfried Preußler einer Änderung seiner Bücher nach einigem
Zögern zustimmte, sieht die österreichische Kinderbuch-Autorin Christine
Nöstlinger das Ändern kritisch. Sie schlägt stattdessen vor, die
betreffenden Wörter mit einer Fußnote zu versehen und darin zu erklären, was der Begriff früher und heute bedeutet.
Eine wertvolle Diskussion
In
einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts You Gov zeigte sich, dass
70 Prozent der befragten Deutschen dagegen sind, die Kinderbücher zu
ändern. Vor allem für dunkelhäutige Menschen ist diese Haltung
unverständlich. Viele empfinden nicht nur die betreffenden Wörter,
sondern auch die Diskussion als kränkend und haben den Eindruck, dass
ihre Gefühle dabei nicht berücksichtigt werden. Man darf gespannt sein,
wie die Debatte ausgeht. Doch allein, dass dieses Thema die Menschen so
sehr bewegt, findet die Journalistin Barbara John vom Tagesspiegel wichtig: „Diese Diskussion ist wertvoll, denn sie hält uns einen Spiegel vor Augen.
0 komentar:
Posting Komentar